Freies Schreiben

Der Begriff "Freies Schreiben" wird von manchen für ein Vorgehen in Anspruch genommen, 
das Kinder veranlasst, sich weitgehend „eigenaktiv“ zu alphabetisieren, 
indem sie mit Hilfe einer Anlaut- oder Buchstabentabelle eigene Texte schreiben, 
die unkorrigiert bleiben und auch so veröffentlicht, z.B. ausgestellt werden. 
Rechtschreibung soll erst wichtig werden, nachdem Kinder Wörter vollkommen lautgerecht schreiben. Zur Rechtfertigung dieses Vorgehens beruft man sich auch auf FREINET. 

Bei FREINET aber sollte das Freie Schreiben, das bei ihm meist unter den Begriffen 
>Freier Text< oder >Freier Ausdruck< behandelt wird, ganz anders organisiert werden. 
Frei ist das Schreiben der Kinder, insofern ihnen nicht vorgeschrieben wird, 
wann, über welches Thema und in welcher Textform sie schreiben. 
Sie sollen Gelegenheit haben, sich frei zu äußern, wenn es sie dazu drängt.

So ein spontan geschriebener Text wird in der Regel natürlich nicht orthographisch korrekt sein. 
Darum muss nun die Arbeit am Text beginnen:

  • Der Lehrer hilft, indem er die Orthograpie korrigiert, am bestem mit dem Kind im Gespräch. Dabei können auch inhaltliche Unklarheiten einverständig aufgehoben werden.

  • Dann setzt das Kind seinen korrigierten Text und macht einen Probedruck.

  • Der Probedruck wird vom Lehrer geprüft und, wenn nötig, korrigiert.

  • Das Kind überträgt die Korrekturen in seinen gesetzten Text und macht einen zweiten Probedruck.

  • Der Probedruck wird vom Lehrer geprüft und, wenn nötig, korrigiert usw.

  • Wenn alles korrekt ist, druckt das Kind seinen Text so oft, wie es ihn braucht, um ihn breit zu veröffentlichen. Dabei achtet es auf handwerkliche Qualität des Drucks.

Erst der korrekte Text in handwerklich gutem Druck ist würdig, veröffentlich zu werden. 
Dabei ist jedes Ausstellen und jedes Herzeigen außerhalb des Unterrichts eine Veröffentlichung.

Genial ist FREINETs Verbindung von Freiheit und Arbeit, 
von freier Äußerung und handwerklicher Bewältigung oder Aufwertung dieser spontanen, unreglementierten Äußerung zur kulturellen Leistung durch eigene Arbeit, 
die sich nach anspruchsvollen Vorgaben strecken muss.

Ein Vorgehen, das auf solche Arbeit verzichtet und schon die spontane Äußerung,
den unkorrigierten Entwurf  als Endziel gelten lässt, darf sich nicht auf FREINET berufen.

Download: Die eigene Stimme auf dem Papier (PDF, 94kB)